Art of LightFototripsSonstiges

🇩🇪 Frankfurt am Main

Eine Skyline, die nicht schläft

Es war tief in der Nacht des 17. September 2022. Wir kamen gerade von einem Lost Place zurück, staubig, müde und mit den Speicherkarten voller Bilder. Die Rückfahrt war eigentlich schon beschlossene Sache, doch ich bestand auf einen Stopp. Wenn wir schon in Frankfurt waren, wollte ich die Skyline sehen – nicht nur im Vorbeifahren, sondern richtig, von einem Punkt aus, der ihren ganzen Umfang zeigt.

So landeten wir gegen zwei Uhr morgens auf der Flößerbrücke. Kameras im Anschlag, das leise Rauschen des Mains unter uns. Vor uns erhob sich Frankfurt in voller Größe: die Türme still, das Wasser dunkel, die Spiegelungen klar. Viele der Reklametafeln waren ausgeschaltet – ein Zeichen jener Monate, in denen Energiesparen plötzlich zum Alltag gehörte. Was blieb, war eine Silhouette, reduziert auf ihre Form. Keine grellen Botschaften, nur Architektur im reinen Nachtlicht.

Der Commerzbank Tower ragte am höchsten, 259 Meter Stahl und Glas. Daneben standen der Messeturm, der Grand Tower, der One Tower – monumental, doch ohne jede Hektik. In dieser Ruhe wirkte die Skyline nicht wie ein Symbol für Geschäftigkeit, sondern wie eine Skulptur.

Eine Nacht zwischen Stille und Stadt

Wir waren nicht allein. Ein paar andere Nachtschwärmer hatten den gleichen Gedanken gehabt: Kameras, Stative, Menschen, die einfach nur schweigend in die Dunkelheit schauten. Autos rollten gedämpft über die Brücke, am Ufer hörte man das gleichmäßige Plätschern des Wassers. Frankfurt wirkte in diesem Moment zurückhaltend – und gerade deshalb so eindrucksvoll.

Der Weg der Skyline

Dass Frankfurt heute so in die Höhe baut, ist Ergebnis eines langen Weges. Erste Hochhäuser entstanden in den 1920ern, im Krieg zerstört, in den 1950ern und 60ern neu aufgebaut. In den 1970ern begann das Höhenfieber mit dem AfE-Turm und den ersten Bankentürmen. Seitdem prägt ein ständiger Wettlauf die Silhouette der Stadt: der Messeturm in den 1980ern, der Commerzbank Tower in den 1990ern, heute Grand Tower, Omniturm, Maintor. Manche alte Landmarken verschwanden wieder – wie der AfE-Turm oder der Henninger-Turm – und machten Platz für Neues.

Die Skyline ist mehr als ein Panorama. Sie erzählt von Aufschwung und Kritik, von Finanzmacht und Stadtentwicklung, von einem Frankfurt, das nie stehenbleibt.

Die Flößerbrücke – Ein klarer Blick

Von allen Orten bietet die Flößerbrücke einen der direktesten Blicke auf die Skyline. Erbaut in den 1980er Jahren, ersetzt sie eine ältere Brücke, die im Krieg zerstört wurde. Tagsüber ist sie eine wichtige Verkehrsader, nachts ein stiller Aussichtspunkt. Sie verbindet Sachsenhausen mit der Innenstadt – und gleichzeitig Vergangenheit mit Gegenwart.

Architektur mit Botschaft

Jeder Turm trägt seine eigene Sprache. Der Commerzbank Tower, entworfen von Norman Foster, mit seinen begrünten Atrien und natürlicher Belüftung: ein früher Versuch, Ökologie in die Höhe zu bringen. Der Omniturm mit seinen verschobenen Etagen, die Bewegung in eine starre Reihe bringen. Der Trianon, der mit seiner Dreiecksform das Stadtbild aufbricht. Und die Europäische Zentralbank, kühl und transparent, die Sprache ihrer Institution im Design verkörpert.

Ein Moment, der bleibt

Was als kurzer Umweg begann, wurde zu einem Höhepunkt der Nacht. Frankfurt zeigte sich nicht als laute Bankenmetropole, sondern als Stadt voller Kontraste: Wasser und Stahl, Ruhe und Bewegung, Geschichte und Zukunft.

Eine Brücke, ein Fluss, eine Skyline im September – ein Bild, das bleibt.



Quellen: Für diesen Artikel habe ich verschiedene Quellen verwendet, darunter Berichte und historische Übersichten über die Frankfurter Skyline, die unter anderem aus Wikipedia sowie aus der Frankfurter Neuen Presse stammen.

Abonniere unsere Newsletter und bleibe auf dem Laufenden. Keine Weitergabe von Daten, kein Spam und keine Waschmaschinen oder sonstige Kosten.
Das hilft dir einfach nur dabei, keine Beiträge mehr zu verpassen.
Themen

Wenn du meine Arbeit unterstützen möchtest, freue ich mich über eine kleine Anerkennung in Form eines Talers in meiner Kaffeekasse. Dafür musst du nur auf das Bild kicken.
Jede Spende trägt dazu bei, diesen Blog werbefrei zu halten und den Fortbestand zu sichern.
Ihr ermöglicht es mir, qualitativ hochwertige und authentische Inhalte zu erstellen, die im Einklang mit unseren gemeinsamen Werten stehen.

Vielen Dank für euer Vertrauen und eure Unterstützung.

Views: 29

Rico Mark Rüde

Seit 2002 widmet er sich der urbanen Erkundung, indem er unbekannte Orte aufspürt, die oft im Verborgenen liegen, obwohl sie mitten unter uns sind. Seine Entdeckungen hält er fotografisch fest und bereichert sie in seinem Blog mit ausführlichen Recherchen und Texten. Neben seinem Interesse für das Urbexing engagiert er sich auch im Schreiben von Geschichten und Büchern sowie im detailreichen Modellbau.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Dies könnte dich auch interessieren.
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"